Bottom-Up – Die wahre Herausforderung für moderne Arbeitswelten

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Im Zeitalter der digitalen Transformation ist ein ständiger und rasanter Wandel die Norm, insbesondere wenn es um das benötigte Know-how an unseren Arbeitsplätzen geht. In Kombination mit den enormen technologischen Fortschritten der letzten Jahre erleben wir eine wahre Revolution in Sachen Lernen am Arbeitsplatz, die buchstäblich jeden betrifft.

In diesem Zusammenhang scheinen die klassischen Ansätze des Corporate Learning überholt und werden sowohl von den Mitarbeitern als auch von den Unternehmen immer mehr in Frage gestellt: Die Mitarbeiter erwarten eine perfekte Abstimmung der Unterstützung an ihre ganz spezifischen Bedürfnisse, eine nahtlose Integration in ihre Arbeitsabläufe und eine personalisierte, selbstgesteuerte Erfahrung mit einfachen Möglichkeiten, Wissen und Erfahrungen zu teilen. Das Unternehmen erwartet eine hohe Relevanz für die Unternehmensleistung und eine messbare (natürlich positive) Auswirkung auf harte Business-KPIs.

Da Mitarbeiter-Engagement schon heute ein zunehmend wichtiger Treiber für den Unternehmenserfolg ist, sind beide Perspektiven eigentlich zwei Seiten derselben Medaille. Daher ist es nicht nur förderlich, sondern absolut notwendig, Ansätze für Initiativen zum Lernen am Arbeitsplatz zu finden, die beide Perspektiven ansprechen.

Traditionell sind zentralisierte, von oben nach unten gerichtete Institutionen wie Akademien, L&D- oder Wissensmanagement-Abteilungen (KM) für die Bereitstellung von Lern- und Wissenslösungen zuständig. Aber es wird für diese Gruppen immer schwieriger, die dringenden Wissensbedürfnisse einzelner Teams zu bedienen. (Von nun an werden wir den Begriff "Team" verwenden, um nicht eine organisatorische Einheit zu bezeichnen, sondern eine Gruppe von Menschen in einem bestimmten Bereich mit gemeinsamen Geschäftszielen).

Warum ist das so? Nun, zum einen hat sich L&D traditionell auf die Bereitstellung von Lerninhalten für das gesamte Unternehmen konzentriert, sei es in Vorbereitung auf unternehmensweite Software-Rollouts oder durch das Angebot von Datensicherheits- oder Compliance-Schulungen. Typischerweise sind diese Interventionen weit davon entfernt, auf die ganz spezifischen Bedürfnisse einzelner Anwender und deren persönliche Herausforderungen am Arbeitsplatz einzugehen.

Gleiches gilt für das klassische Wissensmanagement, das Plattformen und Lösungen bereitstellen soll, die es erlauben, Wissen zentral zu bündeln, zu strukturieren und für die spätere Nutzung aufzubewahren. Auch diese Inhalte sind selten für die Nutzung im konkreten Arbeitskontext durch den einzelnen Mitarbeiter optimiert und es mangelt ihnen an Sinnhaftigkeit und Relevanz für den eigenen Arbeitsprozess.

Um den Teams den größtmöglichen Nutzen zu bieten, müssten L&D, KM und Akademien die Arbeitsplätze aller Mitarbeiter analysieren, die passenden Inhalte identifizieren und diese Inhalte erstellen. Zudem müssten sie genau nach Bedarf, eingebettet in den Arbeitsfluss und im richtigen Kontext jedes Einzelnen, verteilt werden, damit sie wirklich relevant sind. Dies kann aufgrund der vielfältigen, individuellen Bedürfnisse, des fehlenden fachlichen Know-hows in allen erforderlichen Kompetenzbereichen, des mangelnden Einblicks in die realen (!) Arbeitsprozesse und des schnellen Wandels des Wissens insgesamt aber schlicht nicht funktionieren.

Die schiere Menge an Fachwissen, Abläufen, Best Practices etc. macht es den genannten Top-Down-Abteilungen unmöglich, die vielfältigen Know-how-Bedürfnisse der Teams und ihrer sehr spezifischen Aufgaben ausreichend zu befriedigen, geschweige denn mit dem ständigen Wandel Schritt zu halten, dem sie ausgesetzt sind.

Es ist also offensichtlich, dass diese Institutionen in ihrer traditionellen Form nicht in der Lage sind, mit den Notwendigkeiten moderner Arbeitsplätze Schritt zu halten, an denen die Mitarbeiter unter deutlich steigenden und sich verändernden Wissensanforderungen arbeiten müssen.

Können wir etwas dagegen tun?

Ja, es gibt in der Tat einen Silberstreif am Horizont. Aber jede Lösung, die versucht, die Menschen am Arbeitsplatz sinnvoller zu unterstützen, erfordert eine Änderung der Perspektive und der Denkweise aller Beteiligten. Es ist entscheidend, die Teams in den Mittelpunkt zu stellen: Die Teams selbst müssen in die Lage versetzt werden, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und eigenverantwortlicher und autonomer zu handeln. Es ist im besten Interesse der Teams, Arbeitsumgebungen und Unterstützungsmechanismen am Arbeitsplatz zu schaffen, die ihren individuellen Bedürfnissen am besten entsprechen. Daher müssen die Teams selbst in die Lage versetzt werden, optimale Maßnahmen zum Wissenstransfer bereitzustellen, um die beste Teamleistung zu erzielen. Wir sprechen hier von echtem Bottom-up. Es kann nicht nur eine auferlegte Teamkomponente eines inhärenten Top-down-Wissens- oder Lernmanagementsystems sein. Und es darf keine Einmischung von Personen außerhalb der Teams geben, außer der Bereitstellung von mehr Unterstützung zur Stärkung ihrer Autonomie (was übrigens ein neuer Verantwortungsbereich für die traditionellen Amtsinhaber sein kann). 

Aber was bedeutet Bottom-up?

Ein nativer Bottom-up-Ansatz muss ein offenes, "sicheres" und autonomes Umfeld bieten, in dem der Beitrag jedes Einzelnen geschätzt und respektiert wird und keiner externen Prüfung oder Kontrolle unterworfen ist. Er muss Werkzeuge bereitstellen, die es nicht nur Experten ermöglichen, ihr Fachwissen zu teilen, sondern auch Teammitgliedern erlauben, Wissenslücken zu melden, um diese Lücken in umsetzbare Wissensbestände zu verwandeln. Es muss einfach und intuitiv sein, Wissen zu teilen, ohne den Arbeitsfluss zu unterbrechen, und gleichzeitig muss es motivierend und ansprechend zu bedienen sein. Es muss eine Plattform sein, die es den Teammitgliedern erlaubt, ihre Supportbedürfnisse zu personalisieren und die das Expertenwissen des Teams sinnvoll, punktgenau und dann, wenn es gebraucht wird, direkt in den Arbeitsfluss einbringt. Und schließlich muss sie sich an den ständigen Wissenswandel anpassen, mit dem Teams täglich konfrontiert sind, indem sie schnelle Änderungen zulässt, die dann direkt an alle anderen weitergegeben werden. Und, ja, es muss eine Umgebung sein, in der Fehler als das akzeptiert werden, was sie sind: unvermeidlich, aber definitiv etwas, aus dem man lernen kann.

In einem ersten Schritt ist es wichtig, den eigenen Raum nur für das jeweilige Team zur Verfügung zu stellen. Zum einen senkt es die Hemmschwelle, nicht nur Wissen, sondern auch Wissenslücken mit allen im Team zu teilen. Das gilt insbesondere für diejenigen, die sich sonst eher zurückhaltend verhalten. Zum anderen sorgt es für passgenaue und aussagekräftige Inhalte, denn schließlich wird sowohl der Wissensbedarf als auch das Know-how selbst vom Team "kuratiert". Letztlich verstärkt es das Engagement des Teams beim Wissensaustausch, was wiederum die Unternehmensleistung steigert. Selbst Neulinge im Team tragen mit ihren frischen Perspektiven zu wertvollen Erkenntnissen bei, indem sie Wissenslücken im Team melden und aufdecken, die dann von anderen Teammitgliedern aufgegriffen werden können.

Daher können herkömmliche Lösungen für den Wissenstransfer in Unternehmen aufgrund ihres Top-Down-Charakters im Vergleich zu einem nativen Bottom-Up-Ansatz einfach nicht das gleiche Maß an durchaus hart-messbaren Vorteilen und dem vielfach gewünschten Engagement der Mitarbeiter bieten. Die Anbieter dieser traditionellen Lösungen scheinen auf die Bedeutung der Unterstützung und des Lernens am Arbeitsplatz zu reagieren, indem sie ihre Roadmaps anpassen, um eine bessere Anpassung ihrer Plattformen für die Nutzung am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Viele Anbieter haben sich in der Tat auf einige Notwendigkeiten des Lernens am Arbeitsplatz eingestellt, indem sie z. B. den Zugriff auf Inhalte über mobile Geräte ermöglichen oder ihre Produkte um soziale Komponenten erweitern. Allerdings wirken diese Ergänzungen manchmal eher wie ein Lippenbekenntnis, um relevant zu bleiben. Aber so gut wie alle von ihnen tragen immer noch die DNA der Top-Down-Mentalität mit sich, bei der die Erstellung und Verteilung von Inhalten für viele von einigen wenigen verwaltet wird. Diese Lösungen sind nicht in der Lage, das Versprechen einer modernen Arbeitsplatzunterstützung zu erfüllen und werden daher nie in der Lage sein, das gleiche Mitarbeiterengagement und den gleichen Geschäftseffekt zu fördern.

Aber... wie könnte eine solche Lösung aussehen? Ein weiteres Enterprise Social Network mit segmentierten Communities of Practice? Oder eine Learning Experience Plattform, die eine unternehmensweite Zusammenarbeit und einen Austausch ermöglicht? Während diese Lösungen sicherlich vielversprechend sind, um das Engagement und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter zu fördern, verlieren sie in der Praxis nach den ersten enthusiastischen Aktivitäten nicht selten an Zugkraft und sterben langsam in Verwahrlosung.

Wir sind davon überzeugt, dass es einen besseren Weg gibt, um die Zusammenarbeit anzukurbeln und eine nachhaltige Befähigung der Mitarbeiter zu erreichen - mit dem zusätzlichen Vorteil, dass sie am Arbeitsplatz sinnvoll lernen können und unterstützt werden.

Pascal GuderianComment